Kritische Masse

Mathildes Rad im Lichterglanz

Ich fahre gern Rad. Meistens finde ich, dass ich mit meinem kleinen blauen Brompton Rad in der Stadt auch am schnellsten von A nach B komme. Meistens kann ich den direkteren Weg fahren. Ich bewege mich statt genervt im Stau zu stehen. Und ich finde immer einen Parkplatz. Wenn ich mal einen Termin in, sagen wir, Harburg habe, packe ich mein Rad schnell zu einem handlichem Paket zusammen und es kommt mit in die S-Bahn.

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Ich fahre auch gern Auto. Manchmal habe ich drei Termine an verschiedenen Enden der Stadt, für die ich unterschiedliche Sachen brauche, die ich nicht alle eigenhändig durch die Gegend schleppen will. Dann nehme ich den Wagen. Alles fein, also. Nein!

Das ist es nicht. Denn immer nerven die anderen. Wenn ich im Auto sitze, frage ich mich, was dieser Harakiri-Radler da vorne eigentlich denkt, wenn er im Halbdunkeln bei Rot quer über die Kreuzung schießt. Und wenn ich auf dem Fahrrad sitze, frage ich mich dauernd, ob Autofahrer überhaupt des Denkens mächtig sind. Etwa, wenn mal wieder einer versucht sich auf derselben Spur an mir vorbei zu quetschen und dabei großzügig geschätzt 5 Zentimeter „Sicherheitsabstand“ frei lässt. Für etliche Autofahrer scheinen ich und die anderen Radler so etwas wie lästige Schmeißfliegen zu sein, die man beherzt von der Straße hupen muss. Das passiert mir andauernd, seit ich aus dem Sicherheitsabstandsfiasko gelernt habe und jetzt immer auf der Mitte der Fahrbahn fahre. So muss man die Spur wechseln, will man an mir vorbei.

Hamburg ist voller Radfahrer und die meisten wollen nicht wie ungebetene Gäste auf einer Party behandelt werden, die immer irgendwo im Weg sind. Mal sollen wir uns den Bürgersteig mit Passanten teilen, die natürlich nicht dauernd zur Seite hüpfen, wenn ein Radler vorbei kommt. Geht ja oft auch schlecht, z.B. mit einem Kinderwagen. Mal sollen wir ungeräumte Fahrradwege benutzen. Das bedeutet im Winter Schnee und Eis, im Herbst Blätterhaufen. Außerdem parken da Autos, Kinderwagen, Motorräder, lauter Sachen, die niemand einfach auf der Straße abstellen würde. Der Bus entlädt seine Passagiere grundsätzlich auf dem Fahrradweg. Überhaupt stehen Leute gerne auf Radwegen herum. Und die reagieren dann beleidigt und betont langsam, wenn ein klingelnder Fahrradfahrer möchte, dass sie Platz machen. Aber es gibt ja auch längst nicht überall in Hamburg Fahrradwege. Macht nix, könnte man sagen, Fahrradfahrer dürfen ja fast immer auf der Straße fahren.

Genau. Das können sie. Und wenn sie mehrere sind, sollen sie laut Straßenverkehrsordnung im Konvoi auf der ganzen Fahrbahn fahren. Diesen Umstand nutzen seit zwei Jahren viele Hamburger um zusammen als Critical Mass durch die Stadt zu radeln. Am vergangenen Freitag war ich zum ersten Mal dabei. Es war prima. Lauter gut gelaunte Menschen, die entspannt durch die Stadt radeln. Etliche hatten Musik dabei, viele ihre Räder festlich ausstaffiert. Passanten winkten uns fröhlich zu. Nur einige Autofahrer mussten ihr lästiges Hupkonzert anstimmen. Die müssen wohl noch lernen, dass sie nicht alleine auf der Welt sind. Wir jedenfalls hatten Spaß.

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