Reisen und Urlaube

Jungs in einer Felsenkirche in Lalibela – Mathilde Magazin
Es gibt da ja diese Leute, die auf die Frage nach dem nächsten Urlaub mit einem feinen Lächeln antworten: „Ach, in Urlaub fahre ich eigentlich nie!“ Meist ist das bloß der Anfang. Dann geht es erst richtig los: Pauschalurlaube seien langweilig, sie müssten nicht zwischen anderen Menschen am Strand eingequetscht liegen, sie bräuchten keinen Animateur. Vor allem aber, wollten sie Land und Leute kennen lernen. „Und deshalb gehe ich auf Reisen!“, sagen solche Leute dann gerne mit einem kleinen nachdrücklichen Nicken.

Wie fange ich mein Geständnis jetzt an?

Es ist nämlich so, ich finde auch, Reisen hört sich besser als Urlaub an. Schon, weil ich für Strandurlaube zu blass bin. Manchmal habe ich lange Reisen unternommen, bin mit öffentlichen Verkehrsmitteln gemächlich durchs Land gereist. Ha, da passt das Verb reisen jetzt aber mal wirklich: „mit öffentlichen Verkehrsmitteln geurlaubt“ geht ja nun schlecht. Habe Leute kennen gelernt, mache haben mich zu sich nach Hause eingeladen, manchmal konnte ich die Landessprache einigermaßen, oft auch nicht. Forscher gehen davon aus, dass etwa 6 – 8000 Sprachen auf der Welt gesprochen werden. Ich kann dreieinhalb davon. Selbst, wenn ich viel fleißiger wäre: 6000 schaffe ich nicht. Also kann ich mich nicht überall auf Land und Leute einlassen. Ohne gemeinsame Sprache wird das schwierig.

Aber ich habe mir meistens Mühe gegeben. Lauter seltsame Sachen gegessen, weil das vor Ort so üblich schien. Einige Gerichte fand ich überraschend lecker, manches nicht so. Gewohnt habe ich meist in kleinen Pensionen und Hotels, die ich fast immer erst vor Ort gesucht und gefunden habe. Das war oft richtig toll. Ich habe viele und manchmal nette Leute kennen gelernt. Und oft sind irgendwelche Sachen schief gegangen: Züge fuhren irgendwie zu anderen Zeiten, Flüge wurden verschoben, im Hotelschrank wohnte ein Frosch, der Geldautomat wollte partout kein Geld ausspucken, überraschend wurde es in den Tropen abends recht plötzlich dunkel und ich habe mich verlaufen, weil auf einmal alles so anders aussah. Ach, Widrigkeiten fördern die Legendenbildung. Zum Glück gab es fast immer Menschen, die dann sehr nett waren. Wie der ältere Herr, der mit mir in Costa Rica bis zu meinem Hotel gelaufen ist, damit mir nichts passiert. Oder das Mädchen, das in Neapel extra ein paar Stationen weiter mit mir Bus gefahren ist, weil ich ihre italienischen Erklärungen einfach nicht verstanden habe.
Aber macht mich das zu einem besseren Touristen ? Wenn ich mal eine Woche meines Lebens in Neapel verbringe, weiß ich dann wie die Neapolitaner ticken? Nicht wirklich. Weiß ich, wie das Leben im Norden Indiens wirklich ist, nur weil ich da mal mit der staatlichen Eisenbahn gefahren bin und ein scharfes Curry gegessen habe? Das ist doch lächerlich.

Da sind die Bettenburgen-Bewohner, die Kreuzfahrt-Urlauber, die Pauschaltouristen dieser Welt irgendwie ehrlicher. Die tun wenigstens gar nicht erst so, als verstünden sie die Menschen vor Ort. Und: Solange sie in ihren Urlaubs-Ghettos bleiben, nerven sie die Einheimischen auch nicht mit zu viel nackter Haut. Sie beleidigen niemand, weil sie betrunken durch die Altstadt grölen oder gegen Höflichkeitsregeln verstoßen.

Vielleicht sage ich demnächst auf die Frage, was ich im Sommer unternehmen will, ich werde Urlaub machen im Herzen der Altstadt. So.

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