Freunde von Freunden

oder „la chambre d’amis“

Bordeaux am späten Abend

Bordeaux am späten Abend

Es ist ein bisschen so, wie der Besuch bei entfernten Bekannten. Man ist für ein, zwei Nächte bei Leuten zu Gast, die man kaum kennt. Ein Flur mit unbekannten Schuhen, Familienfotos und Dekoration, eine fremde Küche, in der man sich suchend umblickt, bevor man die Müslischalen entdeckt, andere Handtuchfarben im Badezimmer. Trotzdem darf ich das „chambre d’amis“ bewohnen. So etwa funktioniert Couchsurfing in der charmanten Version. Jedenfalls war mein „erstes Mal“ so. Dienstag Abend war ich in Bordeaux Stephanies Übernachtungsgast. Das deutsche Gästezimmer ist bei den Franzosen das „chambre d’amis“. Wie nett ist das denn bitte? Als Gast werde ich in das „Zimmer für Freunde“ gebeten. Ich weiß, ich weiß, alle Anderen haben längst Couchsurfing gemacht. Von den Studenten in meinem Umfeld bis zu meiner 72-jährigen Patentante – gefühlt jeder hat mir schon mal davon erzählt. Aber ich hatte keine Ahnung, worauf ich mich einließ, als ich die „Reservierungsanfrage“ abgesendet habe.

La chambre d'amis

Ein bisschen Herzklopfen hatte ich jedenfalls, als ich auf den „Senden“-Knopf drückte. Aber alle Aufregung war schnell verflogen, als Stéphanie mir am nächsten Abend die rote Holztür ihres charmanten kleinen Häuschens öffnete. Sie zeigte mir das Haus, das liebevoll restaurierte Fliesenmosaik im Flur, die Besonderheiten der hundert Jahre alten runden Türknöpfe, den Trick, um den Wasserhahn zu heißem Wasser zu überreden, stellte mir ihren schwarzen Kater Philipp vor. Das Freundezimmer empfing mich mit einem antiken Holzbett mit, wie sich später herausstellen sollte, der bequemsten Matratze meines gesamten Südfrankreich-Urlaubs. Stephanie und ich setzten uns in ihren Hinterhof-Garten, beobachten Philipp bei seinen Faxen, tranken etwas und unterhielten uns in aller Gemütlichkeit. „Chez des amis, quoi.“ Wie bei Freunden eben. Viel später, als ich es mir in ihrem gemütlichen Gästebett mit meinen bei der Fnac frisch erworbenen Buch-Schätzen bequem gemacht hatte, rieselte die Gewissheit durch mein Hirn: Ich werde es wieder tun. Danke, Stéphanie.

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