„Alle Frauen wollten mich im Arm halten.“ Was für ein Anfang. Ich stelle mir mal kurz vor, wie es wäre, wenn alle Jungs mich …. vielleicht gar nicht mal so schlecht. So jedenfalls beginnt der französische Zeichner Riad Sattouf seine farbsatte graphische Novelle über seine Zeit als süßes blondes Kind: Der Araber von morgen. Der kleine Araber, welcher der Sohn einer bretonischen Mutter und eine syrischen Vaters mal war, verlebte den größeren Teil seiner Kindheit in arabischen Staaten, Syrien, dem Libanon. Erst mit 13 kehrte er nach Frankreich zurück.
In seinen Zeichnungen blickt Riad Sattouf mit einem doppeltem Blick auf seine Zeit in der arabischen Welt. Mal meine ich den spöttischen Erwachsenen zu hören, der sich in der Rückschau über seinen Vater, Gaddafi, das libanesische Volk, die syrische Familie und Nachbarn, ach eigentlich über alle lustig macht. Nein, subtiler, er führt sie aus der Blickrichtung des unschuldigen Kindes vor. Wenn der kleine blondgelockte Junge beim Spielen im Wohnzimmer seinen Vater sagen hört: „Deshalb ist es unvernünftig, dass die Demokratie nur eine kleine Gruppe Abgeordneter begünstigen soll, die angeblich im Namen des Volkes handelt.“ Oder: „Die Frau ist wie der Mann ein menschliches Wesen. Darüber gibt es keinen Zweifel…“ Mal erläutert der abgeklärte Erwachsene aus dem Off die Alltags-Geschichten, erläutert die historischen Entwicklung, erklärt Zusammenhänge.
Ganz einfach ist das Leben für Familie Sattouf nicht. Sei es die Mangelwirtschaft im Libanon, Familienzwistigkeiten im syrischen Heimatdorf des Vaters oder das Gefühl der Fremdheit in der Bretagne. Die Schwierigkeiten treiben die kleine Familie immer weiter. Aus der Erinnerung taucht der Zeichner jedes Land in seine eigene Farbe: das Gelb der Wüste Libyens, das Blau des Meeres in der Bretagne und das Rosarot der syrischen Erde.
Gut kommt bei Riad Sattouf keiner weg. Der Vater will zwar eine moderne arabische Welt, Demokratie stört ihn dabei aber nur, genau wie die Schiiten. Warum Riads Mutter sich das alles antut, wird genauso wenig klar, wie die Frage, wieso die syrischen Cousins so fies sind oder warum der neue bretonische Stiefopa so schmierig aussieht.
Trotzdem, die Geschichte hat mich mitgezogen. In einem Rutsch habe ich Der Araber von morgen durchgelesen. Wie gut, dass Riad Sattouf weiter zeichnen will.
Riad Sattouf, Der Araber von morgen, Albrecht Knaus Verlag München, 2015.
158 Seiten, 19,99 €.
Das Buch wurde vom Verlag zur Verfügung gestellt.