Dies und Das

Darf man ab dem 3. Mal von einer Routine sprechen? Anders gesagt: Gilt etwas als etabliert, sobald man es zwei, drei Mal getan hat? Ich habe nämlich eine neue Angewohnheit. Ich gehe jetzt „immer“ ins Café Leonar um etwas zu trinken, etwas zu schreiben und vielleicht etwas zu essen. In dieser Reihenfolge. Früher mal habe ich regelmäßig Cafés ausprobiert, wenn Sie mal schauen wollen. Jetzt wird es immer dasselbe. Bisher habe ich das, heute mitgerechnet, drei Mal getan. Mal sehen, wie sich das entwickelt.

Ich suche das Café jeweils nach meiner Klavierstunde auf. Ich weiß, ich weiß, ich klinge schrecklich bildungsbürgerlich, so eine mittelalte, blasse Dame mit Tagesfreizeit, die Dinge zur Entspannung lernt, liest und sich dabei beobachten lässt. Und selbst beobachtet, das ist ja der ganze Spaß am Arbeiten im Café. Sonst könnte ich ja auch zu Hause am Schreibtisch arbeiten, wo ich mehr Ruhe habe und die Heizung besser funktioniert. Egal, es ist ein großer Spaß, das mein Homeoffice-Tag im Moment so funktioniert. Man könnte es noch ausweiten, zum Beispiel auch der Kunsthalle regelmäßig einen Besuch abstatten. Das habe ich zuletzt zwei Mal gemacht um die Caspar-David-Friedrich-Ausstellung zu besuchen. Mit sehr unterschiedlichem Ergebnis. Einmal zwischen Weihnachten und Silvester zusammen mit dem sechs-jährigen Lieblingsneffen und einmal mit meinem Besuch aus Hannover. Das erste Mal mit dem Lieblingsneffen war ein voller Erfolg. Erstens hat der Neffe den Auftrag des Besuchs – jeder von uns dreien, der Alltagsprinz war auch dabei, sollte in jedem Raum ein Lieblingsbild auswählen und den Anderen erzählen, warum sie sich das Bild genauer ansehen sollten – sehr ernst genommen, so dass wir eine Menge Spaß mit unterschiedlichen Bildern hatten. Er hatte eher sogar zu viel Spaß mit der Kunst, fanden wir Erwachsenen. Am Ende der Ausstellung wollte er jedenfalls auch noch die ständige Sammlung besuchen. Er hatte das unbedingte Gefühl, das dürfe noch nicht zu Ende sein. Wir Erwachsenen schon, wir hatten es zwar auch total toll gefunden, Menschen vor Kreidefelsen, im Mondschein und vor allerlei Ruinen und Baumstämmen zu begucken, fanden uns aber ausreichend voll mit visuellen Eindrücken. Beim zweiten Besuch sind die Freundin und ich tatsächlich in die ständige Sammlung gegangen. Und zwar ziemlich schnell. Erst hatten wir versucht den Menschenmassen zu entgehen, indem wir gegen den Strom die Ausstellung von hinten nach vorne anschauten. Hat nicht geholfen, auch in umgedreht waren vor nahezu jedem einzelnen Bild zu viele Menschen. Auch in umgedreht taten sich viel zu selten Lücken auf, in denen man ein Bild in Ruhe in seinen Feinheiten ansehen konnte. Darauf scheint es mir anzukommen, der Maler konnte schließlich einen bemerkenswert zarten Strich malen, was man auf einem Original bewundern kann, auf einer Postkarte eher nicht so. Jedenfalls gaben wir relativ schnell auf, zu stickig die Luft, zu nah die Leute, und flohen in die ständige Sammlung mit ihren wunderbar hohen Decken, langen Wänden und Bildern, die wir ganz in Ruhe bestaunen und besprechen könnten. Anderen ging es übrigens ganz ähnlich. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja richtig, ich könnte in Zukunft donnerstags ja jetzt auch immer mal in der Kunsthalle vorbei schauen – Wozu bin ich Freundin der Kunsthalle? Auch so ein Geschenk des Alltagsprinzen, zu irgendeinem Weihnachten bekam ich mal eine Partnerkarte der Kunsthalle überreicht, was wie alle Abos ein überaus praktisches Geschenk war, denn nun erneuert es sich jedes Jahr ohne weiteren Geschenkanlass. – dann allerdings hätte ich fast den ganzen Donnerstag mit bildungsbürgerlichem Freizeitkram verbracht, was arbeitstechnisch irgendwie nicht dem Sinn eines Homeoffice-Tages entspricht. Selbst wenn ich schreibtechnisch ein bisschen was im Café schaffe. Nun ja, irgendwas ist immer.

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