Nicht immer geht das gut. Wenn ein Buch gelobt wird und das ist Vea Kaiser mit ihrem Blasmusikpop passiert, dann weckt das übergroße Erwartungen. Selbst wenn die Geschichte an und für sich gut ist, kann sie gegen die Mega-Erwartungen eigentlich nur verlieren.
Zum Glück ist mir das mit dem Blasmusikpop nicht so gegangen.
Die Geschichte spielt im fiktiven St. Peter am Anger. Ein kleines Dorf irgendwo in den Alpen, irgendwo in der Alpenrepublik. Genauer wird’s nicht. Aber das reicht auch. Vea Kaiser findet einen pfiffigen Zugang um das Dorf und seine Bewohner liebevoll und distanziert, manchmal verständnislos und immer voller Wertschätzung zu beschreiben.
Von der Liebe zur Wissenschaft
Johannes Gerlitzen, ihre erste Hauptfigur,verlässt das Dorf in den Fünfziger Jahren , als ein Bandwurm ihn die Liebe zur Wissenschaft entdecken und an der Liebe zu seiner Frau (und der Vaterschaft seiner Tochter Ilse) zweifeln lässt. Später kehrt er als Arzt in sein Heimatdorf zurück und öffnet seinem Enkel Johannes Irrwein den wissenschaftlichen Blick auf die Welt. War es beim Großvater die Begeisterung für die Naturwissenschaft, so ist es bei Enkel Johannes die Liebe zur altgriechischen Literatur. So wie Herodot seine Griechen versteht, indem er die barbarischen Perser und ihre Gewohnheiten im Gegensatz zum eigenen Volk der Hellenen beschreibt. So nimmt die Autorin ihre Leser mit auf eine Reise zu den seltsamen und liebenswerten Gebräuchen der Bewohner von St. Peter am Anger.
… und zur Heimat
Johannes, der seinem Heimatdorf zumindest stundenweise durch den Besuch des klösterlichen Gymnasiums im Tal entfliehen kann, findet nach der verpatzten Matura seine Aufgabe als Chronist der Lebensgewohnheiten der Bergbarbaren und darüber Liebe und Verständnis für die Seinen. Ein spektakuläres Fußballspiel, Irrungen und Wirrungen der Teenager-Liebe, eine Drillingsgeburt und ein großartiges Fest später, fügt sich doch noch alles – irgendwie.
Und ich möchte nun wenigstens zeitweise im Dorf Ferien machen.
Lesen Sie das. Es ist wie Urlaub in Tirol, nur ohne peinliche Piefkes und tümelnde Lederhosenträger, dafür aber mit viel intelligenter Unterhaltung.
* P.S. Diese Literaturkritik ist zweifelsohne Werbung, aber keine bezahlte. Niemand hat mich beauftrag das Buch toll zu finden. Aber ich du’s.
** P.S.S. Vielleicht wundern Sie sich, wo die Geschichte über die Lieblingsecke bleiben. Sie werden kommen, in der Zwischenzeit gibt es schon mal diese Literaturkritik, die zumindest in der Lieblingsecke erlesen wurde.
Pingback: Montags Moodboard - MATHILDE MAG