„Zeit statt Zeug“ – neulich habe ich irgendwo gelesen, man solle lieber Zeit verschenken als schon wieder Sachen. Finde ich einleuchtend, schließlich verschenke ich auch immer gerne Zeit, wie man hier und hier bereits lesen konnte. Die Idee ist prima, aber das Ganze gleich Projekt zu nennen, kommt mir doch arg weit hergeholt vor. Schließlich braucht man für die Idee ein bisschen Phantasie – „Grübel, grübel, was will ich genau verschenken, oh genau einen Foto-Abend, halt nein, doch lieber einen Spaziergang.“ – , dann besorgt man eine hübsche Karte und schreibt das zu verschenkende Ansinnen hinein. Erinnert mich ein bisschen an die Geschenke, die ich meinen Eltern als Kind gemacht habe. Diese selbstgebastelten Fimo-Formen oder hübsch gestalteten Gutscheine, mit denen ich „Ein Jahr brav sein“ geschenkt habe. Das hat meine Eltern gefreut, klar, weil der Gedanke zählt. Aber jetzt, wo ich erwachsen bin, finde ich, kann der Gedanke gut sein, das Geschenk aber auch.
Gerne gieße ich die Zeit in eine bestimmte Form. Ich plane Datum, Ort und Dauer. Einfach, damit’s auch ein richtiges Geschenk wird und nicht so eine „Jaja, das machen wir dann mal“-Aktion. Und ich lasse mir gerne bei der Gestaltung der Zeit helfen. Ich muss ja beispielsweise nicht selber vorlesen. Das kann ja auch jemand machen, der das richtig gelernt hat. Was können zum Beispiel die Menschen an der Küste gut? Was vertellen, so nennen sie es selbst. Besonders in den Wintermonaten wird so manches Seemannsgarn gesponnen. Seit inzwischen jedes Dorf elektrifiziert ist (Hihi, ja, so nannte man das vor 100 Jahren wirklich.), denken sie sich die Geschichten vielleicht noch im Winter aus, erzählen tun sie sie aber das ganze Jahr. Die Lübecker zum Beispiel erzählen „Geschichten vom Meer“. Klingt zu simpel, zu sehr nach Omas Mottenkiste und zu wenig nach Aufregung? Moment! Das Gute an solchen Zeit-Geschenken ist ja in der Regel, dass ich mich selber mit beschenke. Wer wäre schon so gemein, einen lieben Menschen ganz allein los zu schicken? Also, die Lübecker holen mich und meinen Lieben in ihrer Hansestadt ab und zwar mit einem Schiff. An Bord gibt’s was leckeres Fischiges zu essen. So fahren wir gemächlich die Trave Richtung Ostsee hinunter. Dort angekommen machen wir es in einem Strandkorb gemütlich, dem Logenplatz der Ostsee. Die See wird dann zur Kulisse für das Theaterstück „Geschichten vom Meer“. Eingekuschelt in eine Decke, vielleicht noch ein Glas Wein in der Hand. Stelle ich mir gut vor. Zumindest an einem lauen Sommerabend ist man damit dem Paradies auf Erden schon recht nah.