Der Sommer liegt vor uns. Das beste kommt erst noch: Zeit zum Faulenzen, ganze Nachmittage voller Sonne, ungelesener Bücherstapel, Sahne-Eis, bunte Fußnägel, lustige Mix-Getränke – ach, die Liste ließe sich fortsetzen.
Bevor es in ferne Gefilde geht, probiere ich den Sommer in der Stadt.
Frei nach dem Motto: Mein Heimweh ist Dein Fernweh. Es gibt soviel zu entdecken: Fremde Stadtteile, die die meisten Hamburger nur dem Namen nach kennen, Abenteuer unter freiem Himmel, für die im Alltag meist keine Zeit ist, unbekannte Orte und Erlebnisse, die nur im Sommer gehen.
Freiluft-Kino ist so ein Ding. Dafür braucht es himmelblauen Himmel, der gemächlich dunkler wird, laue Luft und den Duft des Sommers. Das alles hatten wir bei der Auftakt-Vorführung der Zeise Kinos im Innenhof des Altonaer Rathauses. Plus ein bisschen Pfadfindergefühl. Karten reservieren war am Freitag nicht mehr möglich. Aber, so war zu lesen, es gebe noch Karten an der Abendkasse. Bloß wo genau diese Abendkasse sei und ab wann sie geöffnet habe, das blieb meiner Phantasie überlassen.
Naja und der Phantasie all der anderen Kino-Willigen. Am frühen Abend jedenfalls lag das Altonaer Rathaus still in der Abendsonne. Von großen Ereignissen keine Spur. Nichts deutete darauf hin, dass hier irgendetwas andere passieren könnte, als das Bearbeiten von Anträgen. Auch eine gute Stunde später, so um sieben Uhr hatte sich an der Lage nichts geändert. Aber jetzt waren wir immerhin nicht mehr die Einzigen, die suchten. Das beruhigt schon mal. Bestimmt wird irgendwas passieren. In der Zwischenzeit gingen wir in der Mottentwiete was trinken. Als wir zurück kamen, waren wir viele geworden. Allerdings vom Ereignis, auf das sich zu warten lohnen sollte, war immer noch nix zu sehen. Immerhin, wir waren ganz vorne in der Schlange. Das erlebe ich sonst nie, allein deswegen war’s ein guter Moment. Aber dann kamen drei junge menschen und hämmerten gegen die Tür des Seiten-Eingangs. Ja,sie würden hier gleich arbeiten. Sagten sie und verschwanden so schnell wie geheimnisvoll. Es gab also Hoffnung. Ein paar Minuten später öffnete sich die Tür noch einmal, eine Hand schon sich nach draußen und klebte ein handgeschriebenes Schild an die linke Hauswand „Vorbestellte Karten links abholen“. Auch die rechte Hauswand bekam ein Schild „Abendkasse“. Aha. Anschließend passierte erst mal … nichts mehr. Der Himmel verfärbte sich, die Stimmung war erwartungsschwanger gelöst.
Aber dann: Tadaaa! Die Tür öffnete sich ein dritte Mal, diesmal ging sie weit auf und wir stiegen brav in linker und rechter Schlange sortiert ein paar Stufen hinauf. Oben wartete ein Behördenschreibtisch mit einer Geldkassette: die Abendkasse. Dahinter öffnete sich der Innenhof des Altonaer Rathauses. Umsäumt von den weißen, klassizistischen Bauten waren Stühle brav in Reihen aufgestellt, vorne hing eine große Leinwand, hinten warteten zwei quadratische Versorgungszelte. Gelöste Sommerfest-Atmosphäre. Kennt Ihr diese niedliche Werbung von kleinen Geschäften der Umgebung? „Der Autohändler Ihres Vertrauens“, „Ihre Zahnärztin hilft“. Direkt danach entführte uns Gisela Schneberger in das yuppihafte München von heute. Nicht direkt, erst mal sieht ihre Figur Anne ganz schön alt aus, als sie aus ihrer Wohnung ausziehen muss. Eigenbedarf der schnöseligen Vermieterstochter. Ersatz für ihre schnuckelige Wohnung kann sich die Biologin in der Münchner Innenstadt nicht leisten. Also überredet sie ihre alten Mitbewohner aus dreißig Jahre zurück liegenden Studententagen zur erneuerten Wohngemeinschaft. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten findet sie gemeinsam mit Johannes (Michael Wittenborn) und Eddi (Heiner Lauterbach) eine Dreizimmer-Wohnung. Der Umzug konfrontiert die drei allerdings mit echten Studenten von heute. Und die arbeiten hoch konzentriert an ihren Laptops auf das Examen hin. Rotweinschwangere Diskussions-Abende? Unerwünscht. Das fröhlich hoch gerufene „Wir sind die Neuen“ verhallt ein wenig hohl. Was dann folgt ist lustig, nachdenklich, ernst, liebenswert. Ach nein doch lustig, nur manchmal will das Lachen nicht so recht raus aus dem Mund.
Der Sommer in Hamburg wird groß. Die Geschichten dazu gibt es noch bis zum 31. August im Innenhof des Altonaer Rathauses, auf dem Rathausplatz in der Innenstadt vom 7. – 17. August, am Millerntor nur noch bis nächsten Freitag, im Schanzenpark bis zum 31. August. Geht hin, trinkt Dosenbier, habt Spaß.