Je suis Charlie, ich bin Charlie – seit gestern lese ich das überall. Das grausame Attentat von Paris, dem bisher 12 Menschen des Magazins Charlie Hebdo zum Opfer fielen, beherrscht seit gestern die Medien. Viele Menschen bekunden seitdem unter dem Hashtag #Je suis Charlie ihre Solidarität. Falsch ist das nicht. Ich will auch nicht, dass die Welt so wird, wie die Pariser Mörder sie zurecht schießen wollten. Aber erreichen wir das Ziel dadurch, dass nun alle schnell und billig ihre Solidarität in die Welt rufen? „Ich bin Charlie“. Passiert davon irgendetwas? Ich bin mir nicht sicher.
David Hugendick vermutet, dass das Amateur-Video des Attentats, das Bild des islamistischen Terrors in Europa sein wird. Man sieht darauf, wie einer der Attentäter einen angeschossenen, wehrlosen Polizisten mit einem Gewehr hinrichtet So grausam und direkt sehen wir sonst nirgendwo echte Gewalt. So wird diese Hinrichtung „zum kollektiv erlebbaren abscheulichen Ereignis“. Vielleicht brennen sich diese Bilder tatsächlich in unser kollektives Gedächtnis. Vielleicht wird das so.
Ich habe trotzdem Hoffnung auf andere Bilder. Heute veröffentlichen etliche Zeitungen satirische Zeichnungen, eigene und aus dem Charlie Hebdo. Solche Bilder will ich sehen, ganz viele, überall. Nicht weil ich sie alle so geschmackvoll oder lustig fände. Aber ich will nicht, dass irgendjemand, sich seine eigene Weltsicht zusammen schießen kann. Nein, wie einer Hydra soll die Meinungsfreiheit überall neue Blüten hervorbringen.