Von Pferden, Reiterinnen und Cowboys

Reiten auf einem Islandpferd

Islandpferde auf Island

Am Sonntag war es so weit. Das Wetter war sonnig, ich hatte Zeit und darum ein Date mit Angie und Gjöft. Gjöft ist eine goldfarbene Schönheit aus Island und Angie sollte mich in der Kommunikation unterstützen. Meine erste Reitstunde seit gefühlten Jahrmillionen.
Ein bisschen nervös war ich schon, als

wir auf den Reithof fuhren. Kann ich überhaupt noch reiten? Noch nervöser wurde ich, als ich die Isländerstute aus ihrer Box holen, aufsatteln und trensen sollte. Wenn Gjöft gemerkt haben sollte, wie nervös ich schließlich beim Aufsitzen war, hat sie sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen. Und dann war es wunderbar. Ich bin mit ganz vorsichtigen Hilfen geritten, erst im Schritt bis das Pferd und ich einen gemeinsamen Takt hatten und ich im Gleichgewicht saß. Gjöft ist ein natürlicher Tölter. Als ich antraben wollte – zumindest ich hielt meine Hilfen für den Wink zum lockeren Trab – fiel sie sofort in einen gut auszusitzenden Tölt. Den ging sie wunderbar, reagierte ganz aufmerksam, lief ganze Bahn, halbe, Bahn, Zirkel auf beiden Händen. Toll. Um sich mit ihr auf Trab zu einigen braucht sie wohl mehr Raum, sie will den Hals strecken. Das fühlte sich für mich, als ehemalige Großpferdereiterin, ähäm ungewohnt an, ein bisschen nach Kontrollverlust. Geht, ist aber komisch. Aber zum Glück hatte ich ein Reitlehrerin am Boden, die mir immer wieder erklärte, wann ich welche Hilfen geben sollte und worauf ich mehr achten solle. Es ist ja tatsächlich ein wenig wie eine Sprache zu lernen. Da kann es nicht schaden, jemanden an seiner Seite zu haben, der einem die Grundbegriffe beibringt. Das Pferd kann die ja schließlich auch.

Wie toll, dass mir das Gespräch mit Harriet neulich wieder Lust aufs Reiten gemacht hat. Harriet hatte mir ja auch nix anderes gesagt, als ich schon vermutet hatte. Reiten ist ein Sport für Mädchen und Frauen. Reiterinnen habe ich auf dem Hof gesehen, von Cowboys keine Spur. Selbst Angie meine Reitlehrerin bleibt da im Muster.

Normal ist dieses ganze Rosa trotzdem nicht. Reiten ist ein Sport, bei dem es auf Kraft, Muskeln und Einfühlungsvermögen ankommt. Warum sind da nur Mädchen und Frauen? Erklärungen müssen her. Und so stoße ich auf den Psychologen Harald Euler. Der Kassler Professor wurde von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) beauftragt zu untersuchen, woran das wohl liegen könne. Gemeinsam mit der Sportwissenschaftlerin Helga Adolph hat Euler drei Motive für die Reitsportbegeisterung von Mädchen ausgemacht: Erstens: den Mädels geht es um die Beziehung zum Tier (ja, das hat Harriet auch gesagt), weniger um den Sport; Zweitens: Sie wollen sich um das Tier kümmern; Und drittens ist reiten für Mädels so was wie ein Abenteuer in der Natur. Eines, dass sie schaffen können.
Wie kann man das wieder ändern? Mädchen sollen schon auch in Zukunft reiten, aber die Jungen und Männer, die noch bis zur letzten Jahrhundertmitte die Mehrheit der Reiter stellten, sollen es eben auch wieder tun. Wenn ich Herrn Euler richtig verstehe, müssen die deutschen Reitsportvereine Jungs in einem früheren Alter, schon in der Grundschule, in die Vereine holen und sie müssen den Wettkampfgedanken wieder stärker hervorheben. Beides packt Jungen nach den Theorien des Kassler Psychologen stärker als Mädchen, denen es etwas mehr auf Pflege und Umsorgen ankommt. Die Kassler Untersuchungen stammen aus dem Jahr 1998. Seither hat sich nicht so schrecklich viel getan. Zumindest soweit ich das mitbekomme. Bleibt das so?

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