Feinkost

Waren Sie schon mal in einem Restaurant, das nicht nur mit weißen Tischdecken, mehreren Gängen und kleinen Häppchen zwischendurch aufwartet, sondern auch mit einem oder mehreren Michelin-Sternen? Und? Wie fanden Sie’s? Ich habe es gelegentlich ausprobiert und mir dabei ein kleines Luxusproblem angeschafft.

So ein Besuch bei den Küchensternen ist etwas Besonderes. In meiner bisherigen Karriere als Esser ist es erst drei Mal zum Äußersten gekommen. Es war jedes Mal sehr lecker, vielfältig und langwierig. Das Tolle sind ja gerade die vielen kleinen Teller, die man mit den unterschiedlichsten Geschmackserlebnissen serviert bekommt. Hier ein Gruß aus der Küche mit frischer Gurke, erdiger roter Bete und einem Hauch Ziegenkäse, dort ein Tatar oder ein Mousse von irgendwas. Von den „richtigen“ Gängen, sorgfältig durchkomponierten Suppen, zart gegartem Entrecote, vorsichtig gedünstetem Fischfilet oder einem auf den Punkt gegartem Steak ganz zu schweigen. Dazu gibt es dann gerne wechselnde Weine, die zum Essen passen sollen. Den Geschmack auf dem Teller verstärken oder einen Kontrapunkt setzen. Zum Abschluss drehen die Küchengötter noch einmal eine süße Runde und zaubern Crème Brûlée, Schokotörtchen mit flüssigem Kern oder Mousse au Chocolat auf de Tisch. Und dann, halt das war nicht gar nicht wirklich der Schluss. Man könnte ja noch ein wenig Käse wählen. Und ganz zum Schluss serviert der aufmerksame Kellner noch einen Espresso mit ein paar handgemachten Pralinen. Das ist alles toll, sehr toll sogar, nein wunderbar. Und trotzdem …
ist es irgendwie schade. Verstehen Sie mich nicht falsch, das ist ein echtes Luxusproblem, das ich auch gerne bei richtig guter Musik entwickle. Einerseits wäre es toll, das Erlebnis so richtig zu genießen mit allen Sinnen und aller Aufmerksamkeit, andererseits möchte ich mich unterhalten. Wozu sonst sollte mir der Freund gegenüber sitzen? Und dann habe ich aus Versehen wieder so einiges einfach nebenher in den Mund gestopft, während ich die Geschichte, wo ich neulich morgens zufällig den T. getroffen habe, der ja seit kurzem … Dabei hat eine ganze Küchenmannschaft im Schweiße ihres Angesichts auf den einzelnen Posten in der Küche geschnippelt, geschwenkt, gegart, geprüft und – nicht zuletzt – wunderschön angerichtet. Alles Dinge, die ich in meiner Küche niemals in so wahnwitzig vielen Arbeitsschritten veranstalten würde. Nur damit ich das Ergebnis völlig gedankenlos verputze.
Das darf nicht so bleiben, habe ich mir für 2017 vorgenommen. Für mehr Würdigung des guten Lebens gedenke ich in Zukunft wöchentlich über leckeres Essen nachzudenken. Hier und bei anderen Menschen, die sich mit dem guten Geschmack beschäftigen. Trois étoiles ist eine gute Adresse, Nutriculinary auch. So, bloß lesen müssen Sie noch selber. Möglicherweise auch ein wenig mitdenken. Vielleicht bringt es uns alle ja auf den Geschmack.

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