Kennst Du das Land, wo die Zitronen blüh’n?

Ich hatte das vergessen. Ich hatte wirklich vergessen, wie schön es im Süden ist. Italien also. Dabei wusste ich es doch.

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunklen Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?
Kennst du es wohl?
Dahin, dahin
Möcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!

Nicht nur wegen der bekannten Zeilen des Herrn von G. Ich war ja selber schon mal da. Aber irgendwie hatte ich verdrängt, wie weich und warm das Licht um die Zypressen fließt, wie lecker Chianti und Oliven schmecken, wie melodisch die Sprache klingt, wieviel toller Cappuccino und Gelato schmecken. Und dass die Hitze immer einen Hauch rosmarinduftener Kühle vom leichten Wind abbekommt. Es ist so schrecklich einfach die Toskana und Norditalien zu lieben. Aber der Reihe nach.

Die mittelalterliche Schöne

San Gimignano südwestlich von Florenz gelegen empfängt Gäste und Einheimische mit von der Sonne ausgeblichenen Ziegelstein-Mauern und trutzigen Türmen. Im Sommer ist es vielleicht ein bisschen voll mit all den Touristen, die sich zwischen den Einheimischen in den schmalen Gassen tummeln. Aber das ist uns egal. Wir gehen erst einmal in die Pasticceria Armando e Marcella auf einen morgendlichen Cappuccino und ein kleines Dolce. Nachlässig liegt der edle Mamor am Boden, während sich die Signora mit ihrer Kaffeemaschine lautstark ans Werk macht. Jeden fertigen Cappuccino ruft sie laut und fröhlich in den Raum. Und wir genießen noch einen Moment die Kühle des kleinen Ladens, bevor wir uns aufmachen die Gassen des mittelalterlichen Städtchens zu erobern. Ganz fest hatten wir uns vorgenommen, das Shopping-Virus nicht ausbrechen zu lassen. Aber der Markt ist voller Händler, die bunte Sommerkleider, gestreifte Jumpsuits und weite Hosen feilbieten, die Gassen voller kleiner Läden mit Handtaschen, Reisetaschen, Einkaufstaschen und bunten Beuteln aus Leder. Wir können nicht anders, wir müssen auf Schatztour gehen.
Irgendwann sitzen wir erschöpft auf den Stufen vor dem Dom und kommen uns wie Konsumschlampen vor. Gegen das Gefühl hilft eine Dosis Kultur. Die Basilica di Santa Maria Assunta die San Gimignano ehrt die heilige Fina. Und auch wir kaufen Eintrittskarten und den Audioguide.

Grafische Geschichten

Das Mädchen Josefina soll jahrelang stoisch auf einem einfachen Holzbrett ihre Krankheit ertragen haben, bis sie mit 15 Jahren verstarb, unter selbigem Brett gelbe Levkojen erblühten und die Kirche eine Heilige mehr bekam. Wie überall in Italien werden allzu leicht bekleidete Touristinnen gebeten sich in weißes Plastiklaken zu verhüllen. Bei den Herren der Schöpfung ist die Scham nicht ganz so ausgeprägt, die dürfen meist knochige wie knubbelige Knie, runde und hängende Schultern gänzlich unbeschamt durch die Kirche spazieren führen. Im Inneren ist die Kirche ein einziges großes Comicbuch der biblischen Geschichten, durch die uns der Audioguide leitet. Derart bibelfest mischen wir uns erneut in die tummelbunten Gassen. Zum Mittagessen kehren wir in ein hübsches kleines Lokal ein, das dank seiner Lage halb im Keller und der Ziegelsteinwände angenehm kühl ist. Es gibt frischen Salat, ein bisschen Rotwein, pfeffrige Wurst und Aufschnitt. Das gute Leben kann so einfach sein.

Dieses war der erste Teil, doch der nächste folgt in Kürze.

Schreibe einen Kommentar