Es gibt jetzt wieder dieses einmalig kühle Frische morgens auf dem Fahrrad, den leicht modrigen Geruch von bunten Blättern, die lange in einer Pfütze gelegen haben. Der Wald sieht dunkelgrün satt aus, mit ein paar dunkelbunten Tupfern rechts und links. Habe ich mir vorletzte Woche entlang der Werra und der Weser für Sie angeguckt. Sehr schön so ein verregneter deutscher Wald. Im Alltag muss ich mit weniger anheimelnden Farben vorlieb nehmen. Vor meinem Schreibtisch blinkt neuerdings ein gelber Schriftzug auf blauem Grund: Polizei. Der große Baum in der Mitte des Platzes ergelbt.
Ich bekomme davon umgehend Lust, heißen Tee zu kochen, die Kaschmirdecke aus dem Schrank zu holen und ein, zwei Bücher zu lesen. Und Kerzen, natürlich brauche ich jetzt wieder gemütliches Kerzenlicht. Besonders wenn Hamburg alle möglichen Schattierungen von Grau ausprobiert, müssen ein, zwei kleine Lichter leuchten.
Das Schöne am Herbst ist ja, dass wir jetzt wieder mehr Zeit fürs Wohnen haben. Irgendwann muss das ja auch mal erledigt werden. Und nachdem es beim Wohnen nicht damit getan ist, bloß so im Flur rumzustehen, braucht es jetzt ein paar wohnhafte Hobbies. So kam es, dass wir neulich Plaumenmus eingekocht haben. Also vorher waren wir im Alten Land auf dem Obsthof Schröder und haben den Schröders die letzten Pflaumen von den Bäumen gepflückt. Jedenfalls war der Senior sehr beeindruckt, dass wir dort noch ganze 20 Kilo gefunden hatten.
Pflaumenmus
Nach dem Rezept der Alltagsprinzen-Oma geht das Pflaumenmus-Kochen ganz einfach. Im Prinzip müssen Sie bloß so viele Pflaumen pflücken, wie in Ihren größten Topf passen. (Wir hatten zu viele und mussten improvisieren.) Zuhause die Pflaumen entkernen, z.B. beim Fußballgucken (also nicht ich) oder beim Peaky Blinders gucken (ich!) und anschließend in einem Topf zum Simmern bringen. Den Herd auf 2-3 stellen, so dass es ganz leicht kocht. Auf acht Kilo Pflaumen kann man ein Kilo Zucker hinzugeben, ein wenig Sternanis, ein paar Kügelchen Koriander, fünf bis sechs Nelken und ein wenig Zimt. Beim Zucker können sie auch sparen, ein halbes Kilo Zucker ergibt immer noch leckeres Pflaumenmus und sogar ganz ohne zusätzlichen Zucker funktioniert es. Ich mag Pflaumenmus ganz gerne, wenn es nicht so süß ist. Dann braucht man ein wenig Nerven, weil die Pflaumen zwei bis drei Tage oder sogar noch länger vor sich hin kochen. Ganz egal ob Sie zu Hause sind oder arbeiten oder um die Alster joggen, der Herd ist an und es blubbert leise aus der Küche. Das lassen Sie so lange so, bis ein Holzlöffel mittig und aufrecht im Topf stehen bleibt. Dann ist das Mus ausreichend eingekocht und kann in Gläser eingefüllt werden, die zuvor mit kochendem Wasser sterilisiert wurden.
Das Herbst Spezial
Wir kochen jetzt auch wieder mehr und essen gemütlich und in Ruhe. Butternut Kürbis zum Beispiel. Viele leckere Anregungen finde ich im Moment oft beim Salzkorn in Südfrankreich.
Außerdem haben wir einen Waffelbeschluss gefasst. Diese Waffeln hier mit griechischem Joghurt passen perfekt zum Herbst. Aus Gründen ersetzen wir die Blaubeeren mit Pflaumenmus.
Die Herrschaft der Dinge
In meinem Internet lese ich immer mal wieder von Leuten, die Marie Kondo-mäßig aufräumen und ausmisten. Nach zwei Umzügen in einem Jahr habe ich den Eindruck, dass ich allein durch das Hin- und Hertragen meines Hab- und Gutes etliches losgeworden bin. Allein durch den Druck Dinge schon wieder in Kisten packen zu müssen um sie anschließend durch die Gegend zu tragen. Stattdessen lese ich von der „Herrschaft der Dinge“. Mit schönen, nützlichen und unnützen Dingen haben sich schon viele Generationen vor mir beschäftigt. Ich bin da wirklich nicht die erste. Oder anders: Ich kann da quasi nix für. Als Kind meiner Zeit bräuchte ich übermenschliche Kräfte, mich dem Besitz von vielen, viel zu vielen Dingen entgegen zu stemmen.
Ein anderer Historiker nimmt mich gerade mit ins Frankreich des 18. Jahrhunderts. Nicolas Le Floch wird in Paris zu einem Selbstmord gerufen, an den er nicht glaubt. Stattdessen ermittelt er einen Mord. Ob der Sohn des Grafen de Ruissec tatsächlich ermordet wurde, weiß ich noch nicht. Ich bin erst auf Seite 60. Aber schon jetzt mag ich die vielen Dinge und Details. Die Bouillotte Lampe, welche auf dem Maroquin steht, die Tapetentür, die in einen kleinen Waschraum führt, Perrücken, die im Eifer der Ermittlung verrutschen. Allein deshalb finde ich das Buch schon mal toll.