Eigentlich hat alles ganz harmlos angefangen. Die Wände im Wohnzimmer waren ein bisschen in die Jahre gekommen. Einen frische Schicht weißer Farbe könnten sie schon mal vertragen. Dafür muss man die Regale von den Wänden rücken und dafür muss man sie zumindest teilweise leer räumen, sonst sind sie unbeweglich schwer. Mmhhm, wenn man schon mal dabei ist, kann man eigentlich auch mal ausmisten.
CDs brauchen mir eigentlich nicht mehr das Wohnzimmer vollstellen, seit eh alles digitalisiert im Rechner ist. Vor allem: Was macht der alte Kassettenrekorder noch im Regal? Kein Mensch hört noch Kassetten, ich auch nicht. Also weg mit dem Gerät und die feinsäuberlich beschrifteten Kassetten können dann ja wohl auch… Und schwups, war ich in der Renovierungsfalle. Sie verstehen das Prinzip, nicht wahr? Kaum fängt man an einer Stelle an, kommt eins zum anderen. Ich habe also Regale ausgeräumt und meine Bücher daraufhin befragt, ob sie weiterhin mein Leben begleiten sollten. Die meisten sollten, Kassetten und CDs durften dafür gehen, entweder ganz oder als Backup in den Keller. Das Ganze gestaltete sich überraschend zeitaufwändig. Oft blieb ich hängen, dieses Mixtape mit dem selbstgezeichneten Cover hat doch damals Stefan … Und all die Hörbücher, die ich feinsäuberlich auf Kassetten überspielt habe um sie auf langen Autofahrten zu hören. Wegwerfen ist auch ein gewundener Pfad in die eigene Vergangenheit. Man wird ganz sentimental dabei.
Tja und wenn die Regale erst einmal leer geräumt sind, zeigt sich erst, wie schmuddelig auch ihr Weiß über die Jahre geworden ist. Die kann ich doch mal rasch neu lackieren. Dann ist es hinterher auch wieder viel schöner bei mir. Außerdem jetzt wo die Wände frei geräumt sind, vielleicht kann auch gleich die hässliche Tapete weg. Das wollte ich doch schon immer.
Und schwups ist das Chaos am Höhepunkt angelangt. Überall stehen Bücherkisten im Weg, ein Wohnzimmerregal verstellt gekonnt den Weg zum Bett. Jetzt, wo alles auseinander gepflückt ist, habe ich wirklich keine Lust mehr in dieser dämlichen Baustelle zu wohnen. Renovieren ist Aufräumen im XXL-Format.
Aber hinterher, wenn ich selbst alt und grau geworden sein werde, wird hier alles sehr durchdacht gestaltet sein. Gut bis dahin werde ich räumen, weißeln, noch mehr räumen, putzen, sortieren, wieder räumen, umsortieren, nachbessern, bauen. Irgendwann werde ich damit fertig sein. Glauben Sie mir. Ich versuche das selbst gerade.
P.S. Und falls Sie in letzter Zeit beklagt haben sollte, dass es hier so still geworden ist. – Darum.