Zurück aus Norditalien. Wir waren Ski fahren in Südtirol. Und es war wunderschön. Die Sonne hat geschienen, fast immer, zumindest fühlt es sich in meiner Erinnerung so an. Gut, der Alltagsprinz behauptet Anderes. Es habe auch mal genebelt und sogar geschneit, sagt er. Die Pisten waren überwiegend leer, die Lifte auch. Wollte doch mal jemand mit uns den Sechser-Sessellift teilen, war ich fast ein bisschen beleidigt. „Hallo?! Privatsphäre.“ Natürlich bin ich in Wirklichkeit ganz anders, vor allem viel netter. Ganz besonders im Urlaub war ich nett und verständnissvoll. Als ich mit bekommen habe, dass so viele Gäste wegen des Corona-Virus nicht da sind, habe ich extra viel konsumiert. Die Hoteliers und alle, die vom Tourismus leben, taten mir ausführlich leid-. Es war halt nur so,
dass die Gefahr, die eine solche Epidemie sicher bedeutet, in den kleinen Tälern Südtirols nicht sehr real wirkte. Dort war niemand krank, zumindest ist mir niemand begegnet. Es war ja sowieso fast niemand da. Das machte es so paradiesisch leer. Skifahrer kamen nicht so viele vor, dafür aber ziemlich viel Schnee und gelegentlich Sonne. In unserem Hotel waren die meisten Gäste noch da, was uns zu einer fröhlichen, eingeschworenen Urlaubsrunde zusammen wachsen ließ. Insgesamt wirkte das ganze Pflerschtal aber sehr ruhig. Etwa so, wie ich mir Urlaub als rüstige Seniorin vorstelle, wenn einem Schul- und Betriebsferienzeiten einfach herzlich egal sind. Hach, ich freue mich schon drauf.
Inzwischen haben die Hotels geschlossen, die Züge fahren nicht mehr nach Deutschland und ganz Italien befindet sich im Ausnahmezustand, lese ich. Na, unser Zug letztes Wochenende fuhr noch, war etwas leerer als erwartet, sonst aber völlig krisenfrei. Ähnlich krisenfrei wirkt die Wirklichkeit in Hamburg. Es ist Frühling, die Sonne scheint, wir gehen einkaufen, die Straßen sind voller Menschen. Wir geben uns neuerdings etwas mehr Mühe mit dem Händewaschen, Abstand halten und In-Die-Armbeuge-Niesen, aber sonst? Würde mir Twitter nicht dauernd „Neuigkeiten zur Covid-19 Situation“ aufdrängen, ich würde erst mal nicht viel merken. Das ist vermutlich auch ganz richtig so, meint Frau Nessy. Genauso richtig wie das Großveranstaltungen-Absagen und Schulschließungen. Passend zur Tagesstimmung gibt es heute bei Herrn Buddenbohm einen Live-Blog.
Der Alltagsprinz und ich sind diese Woche im Heimbüro. Das ist überraschend nett. Bei jedem Knoten im Kopf kann ich mal kurz die Flügeltür zwischen Ess- und Wohnzimmer öffnen und gucken, ob der Herr heimlich auf Spiegel Online liest. Im Gegenzug guckt er, ob ich gerade Kleider recherchiere. Als Journalistin muss ich breit aufgestellt sein. Das erkläre ich ihm immer wieder. Leider ist er Physiker und darum berufsbedingt etwas verständnislos.
Es ist zwar schon zwei Monate alt, aber gebügelte Taschentücher aus feinem Stoff. Genau das brauche ich jetzt auch. Ich könnte ja mal niesen wollen.
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