Kennen Sie das? Wenn man etwas, das man mal viel und gerne getan hat, sehr gerne eigentlich, nach geraumer Zeit mal wieder tut. Und dann so langsam wieder reinfindet und sich irgendwann fragt, wo war ich stehen geblieben? Wo ist die ganze Zeit hin? Und warum habe ich überhaupt damit aufgehört in den letzten Wochen? Ja, warum eigentlich? (Es gab Gründe, dazu später mehr.) So ergeht es mir gerade mit dem Leer-Lesen des Internets. Ich meine hier nicht, die offiziöse Seite, nicht so sehr die Artikel, die respektable Zeitungen online stellen, also solche, die nach wie vor auch auf Papier gedruckte Exemplare veröffentlichen. Nein, es geht mir um all die Blogs, privaten, halbprivaten, halb-journalistischen Erzählformen, die zum Glück auch immer noch im Meer des weltweiten Netzes herum schwimmen. Erst beim Lesen merke ich: Ach, wie habe ich das vermisst. Wie schön das ist, vom Hölzchen aufs Stöckchen zu kommen.
Vom Hitler auf die Heidelbeeren.
Ich verlas mich zunächst ein wenig hier, dann streifte ich hier vorbei, später war ich dort. Ich werde jetzt wieder öfter das Netz leer lesen und bloggen. Ja doch, das will ich gerne tun.
Anders
Diese Jahr wird anders, das letzte auch schon. Das ist so banal wie bekannt. Wir haben schließlich immer noch mit dem leicht verrutschten Alltag inmitten der Pandemie zu tun. Ich finde immer noch nicht alles schlecht daran, nur manches etwas ungewöhnlich. Es ist auch immer noch so, dass ich aufwändige Projekte umsetze. Ich habe zum Beispiel wieder angefangen Klavier zu spielen. Und ich lese und lerne wieder Spanisch. Alles feine neue Projekte. Aber nichts gegen mein neues Hobby.
Aus Gründen schaue ich mir gerade wieder häufiger Wohngeschichten und Berichte vom Renovierungsfortschritt anderer Leute an. Hier in Niedersachsen zum Beispiel. Und dort in Dithmarschen. Erst haben wir eine große Wand im Flur in eine dunkelblaue Riesentafel verwandelt. Und jetzt habe ich mir das Kinderzimmer vorgenommen. Wir wohnen hier in einem stattlichen Altbau aus dem vorletzten Jahrhundert. Das hat einige Vorteile, zum Beispiel diese Großkotzigkeit Großartigkeit, mit der Ende des 19 Jahrhunderts nach dem gegen die Franzosen gewonnen Krieg vielerorts gebaut wurde. Wo sonst könnte ich eine überlebensgroße Tafel mitten in der Wohnung haben? Es bringt aber auch viele Kassettentüren aus Holz mit sich, überhaupt viele Details aus Holz. Ich finde die hier unter den hohen Decken und all dem Baiser-Prunk der Kaiserzeit schon schön, vor allem aber dann, wenn sie frisch lackiert sind. Ich stelle mir das vorher immer so schön schnell vor. „Guck mal, hier müsste doch bloß ein bisschen frische Farbe drauf und dann könnte man die Stuckleiste vielleicht in diesem hellen Goldton.“ Tja und dann, also ich sage mal so: Das Gute an einer ziemlich großen Wohnung ist, wir können so um meine Baustelle drum herum leben. Es zieht sich doch etwas. Ich nenne das Ganze jetzt einfach mein Hobby, so wie andere stricken oder Puzzle legen. Ich übe mein aktuelles Hobby immer dann aus, wenn ich mal ein, zwei Stündchen Zeit über habe. Es muss gar nicht in einer anstrengenden Hauruck-Aktion möglichst schnell fertig werden. Das darf jetzt dauern und gut werden. Und gut wird es, nein, das wird das weltschönste Kinderzimmer überhaupt. Der Alltagsprinz macht sich allerdings Sorgen, seit ich ihn zwischen den Jahren an lauter bezaubernden, aber renovierungsbedürftigen Fachwerkhäuschen in meiner Provinz vorbei geführt habe. Denn irgendwann wird die Großstadtwohnung ja wohl fertig renoviert sein. Obwohl, wer weiß. Nach der Renovierung ist vor der Renovierung.
Dieses Jahr wird anders, denn jetzt beginnen die Zwanziger. Und die waren auch schon im letzten Jahrhundert wild.