Genau, das ist es, was ich neuerdings mache: Slow Publishing. Wie gut, dass ich das Wort bei Herrn Buddenbohm gelernt habe. Slow Publishing funktioniert so ähnlich wie Slow Opening, was manche Café und Bars machen. Das ist, wenn man noch nicht richtig öffnen will, weil einem dazu die Mittel (Mitarbeiter, Baumaterial, Geld, Zeit) fehlen, man eigentlich aber doch öffnen will, weil man ja gerne wüsste, wie die Anderen das eigene Angebot so finden. Slow Publishing funktioniert in meinem Fall ganz ähnlich. Ich möchte gerne veröffentlich, weil ich Dinge zu erzählen habe und natürlich wissen möchte, wie die Anderen das Eigene so finden, aber ich komme einfach nicht dazu. Nicht oft jedenfalls. Weil, ja eben weil. Weil mir die Zeit und die Muße fehlen, sich zu viele andere berufliche Projekte in den Vordergrund drängeln. Ach, … Man muss es einfach machen, das Publishing und wenn es slow ist, dann ist es das eben. So.
Was wollte ich noch erzählen? Wir haben seit einiger Zeit Gäste. Nasti*, Sergey* und Olga* kommen aus der Ukraine, ihre Heimatstadt wird gerade von russischen Bomben in Schutt und Asche gelegt.
Also versuchen sie sich für‘s Erste hier in neues Leben einzurichten. Ein paar Jeans und T-Shirts haben sie mitgebracht, ihre Telefone um nach Hause zu telefonieren, ein paar Rezepte und Erinnerungen. Das muss für‘s Erste reichen. Inzwischen haben sie ein paar deutsche Wörter eingesammelt. Nicht viel um in einer fremden Stadt klar zu kommen. Trotzdem haben sie sofort erste Jobs gesucht, bei den Ämtern vorgesprochen, die Formulare auch mit Hilfe der Übersetzerin nicht unbedingt immer verstanden. Wussten Sie, dass deutsche Behörden sogar Formulare erstellen, die helfen sollen, die eigentlichen Formulare, also die, die man ausfüllen soll, zu verstehen? Und wir, wir wohnen jetzt erst einmal in einer WG, fast wie früher im Studium, nur mit bedeutend mehr Platz und Luxus. Zumindest für uns, unsere Gäste bewohnen ihre WG-Zimmer und eher selten das Wohnzimmer. Aber in der Küche plaudern wir jetzt öfter. Wobei plaudern, das ist doch ein recht großes Wort. Unsere Telefone sprechen miteinander, meist ganz eloquent mit Details und Nebensätzen, so dass man sich wirklich was erzählen kann und nicht so feststeckt in den Anfängen der fremden Sprache. Nur manchmal produziert die Übersetzungs-App Quatsch, schnell daran zu erkennen, dass das Gegenüber langsam guckt, so als müsse das Gucken dem Denken hinterher kommen, was aber nicht klappt, weil das Telefon gerade mit tiefer, sonorer Stimme „Haben Sie an der nächsten Show teil?“ gefragt hat. Mitten in einer Unterhaltung über die täglichen Fahrten nach Bremen zum Beispiel. An andere Ticks der Telefone haben wir uns schon gewöhnt, der Alltagsprinz zum Beispiel kann keinen Satz auf russisch ohne ein forderndes „Ey“ anfangen. Inzwischen müssen wir alle sofort kichern, wenn sein Telefon wieder mit einem macho-haften „Ey“ anfängt, um dann die Besonderheiten des deutschen Behördenwesens zu erläutern. Vielleicht sollten wir alle öfter „Ey“ sagen.