Es wird Herbst, die Luft riecht morgens jetzt verblüffend frisch. Wie schön. Endlich wieder eine Jahreszeit, in der ich das Wohnen zu einem richtigen Hobby ausbauen kann. Mit leuchtenden Kerzen, bunten Herbststräußen und dem ausgiebigen Lesen auf der Langstrecke.
Vor kurzem habe ich angefangen Archipel zu lesen. Den Roman, für den Inger-Maria Mahlke gerade den Deutschen Buchpreis 2018 bekommen hat. Ich bin auf Seite 204, das ist beruhigend weit vom Ende auf Seite 429 entfernt. Ich bin aber auch schon so weit in den verschiedenen Leben der Roman-Figuren unterwegs, das ich mich aufs Weiter-Begleiten freue. Die Politikerin Ana, ihre Tochter Rosa, die Kunststudentin, Felipe, der Gatte aus privilegiertem Hause, Julio, der Portier – sie alle erklären sich nicht und werden auch nicht erklärt. Aber nach und nach sehe ich, wie sie zu ihrem Leben gekommen sind. Die Autorin nimmt mich rückwärts mit, sie fängt mit einer Episode im Jahr 2015 an, geht dann mit mir ins Jahr 2007 zurück, dann 2000, später 1993 und so weiter. Das Tolle an diesem Kunstgriff ist, all das erzählt Inger-Maria Mahlke so beiläufig, dass ich die Kunstfertigkeit gar nicht recht bemerke. So schön.
Schön auch, wenn Menschen den Moment finden, beiläufig nett zu sein. So einfach geht das, manchmal zumindest.
Super auch, wenn andere geplant gut sind. Für uns alle. Die Demokratie ist schließlich immer gefährdet, allzu lästig, langatmig und umständlich agiert sie noch. Dass sie immer noch das Beste ist,was uns einfällt, merken vor allem Menschen in den Diktaturen dieser Welt.
In diesem Sinne schauen Sie diese Woche ein bisschen in den immer noch blauen Himmel, wirbeln Sie ein bisschen buntes Laub auf.