Mein Neffe stellt die Playmobil-Männchen sorgfältig in angemessenem Abstand auf dem Rand des Sandkastens ab. „Wegen der Krankheit.“, erklärt er. Seine Oma schickt das dazugehörige Bild in die Verwandtschaft. Die Cousinen in London giggeln entzückt, die Tanten in Irland finden es genauso korrekt wie die Berliner Verwandtschaft. Und mir kommt es auch richtig vor.
Obwohl ich jetzt doch manchmal sehnsüchtig auf die vollbesetzten Tische der Restaurants und Bars bei uns im Viertel schaue.
Anderthalb Meter Abstand zwischen Menschen, die nicht im selben Haushalt leben? Fehlanzeige, aber sowas von. Die Leute sitzen Rücken an Rücken, alle Tische sind vollbesetzt, daneben laufen Passanten auf dem Bürgersteig längs. Ich gucke missbilligend. Einmal habe ich sogar demonstrativ meine Atemschutzmaske aufgesetzt, als ich auf dem Weg zum Supermarkt da vorbei musste. Albern, ich weiß. Viele Male habe ich es nämlich nicht getan. Und noch viel häufiger hatte ich zuletzt Lust selbst inmitten von Menschen zu sein. Tatsächlich waren wir auch schon wieder aus. Eher im Restaurant in der zweiten Reihe und draußen. Aber trotzdem. Wir saßen um einen Tisch, haben gegessen, getrunken, geredet, fast wie früher.
Immer mal wieder schleicht sich jetzt der Gedanke ein: Wie lange sollen wir noch warten? Ist eine Zeile der Sportfreunde Stiller fällt mir gerade auf. Hach, jetzt ein Konzert von den Jungs. Also: Noch ein Jahr? Ist dann der Impfstoff gefunden? Und wenn nicht? Kann ja auch gerne länger dauern mit so einem Stoff. Außerdem ist auch ein gefundener Stoff nicht sofort für alle (ungefähr) 8 Milliarden von uns produziert und in den Arztpraxen weltweit verteilt. Also noch zwei Jahre, oder gleich drei oder vier? Ach, ich weiß es doch auch nicht. Genau genommen weiß es keiner. Bis auf, dass wir uns wohl im neuen Normal irgendwie einrichten müssen. Ihre Wahrnehmung des Weltwissens zur Pandemie beschreibt Fragmente hier. Und was sie mit diesem Wissen macht. Kommt mir alles recht bekannt vor, nicht jede einzelne, individuelle Lösung, aber doch das Gewurschtel aus „Hier bin ich vernünftig, diese Regel setze ich um.“ Und allerlei, „Jetzt ist auch mal gut.“ Noch mehr: „Irgendwie.“ Und dann wieder: „Vernünftig sein, so dass wir es lange durchhalten können.“
Oder ich nutze all die herumliegende Zeit, die ich früher aufs berufliche Pendeln, Herumstressen und soziale Leben (obwohl, soziales Leben mache ich noch, nur anders) verwendet habe, um am Buchprojekt zu schreiben. Zack, nur mal eben ein Interview gelesen, wie das, welches Okka mit Stepha geführt hat und schon träume ich mich in andere Welten. Anders wird die Welt ja gerade. Aber so anders ist Normalneu nun auch wieder nicht. Arbeiten, Essen, äh, Kochen vorher, Schlafen, Telefonieren, Video-Telefonieren, viel Video-Telefonieren (gut, dass ist ein bisschen verschoben, früher haben wir persönlich anwesend konferiert), Sporteln, das alles bleibt ja trotzdem im Leben drin. In letzter Zeit reicht es ja nicht mal mehr zum Bloggen. Das könnte ich ja als erstes wieder hin kriegen. Naja, vorher fahren wir noch in den Urlaub. Da es Corona-bedingt etwas erlebnisreduziert werden könnte, habe ich für zehn Tage Strand und Nordsee optimistisch zehn Bücher bereit gelegt. Ziele muss man haben. Und Sie so?