Große Ketten, kleine Geschäfte

Copyright: U. Mathilde Ammermann

Doch, doch Ketten sind toll. Wenn ich eine Weile irgendwo in Südost-Asien unterwegs bin und lauter sehr exotische Sachen gegessen habe, dann reicht’s auch mal. Ich probiere fremdes Essen gerne aus. Nicht dass ich immer mal alles oberlecker fände, aber trotzdem neue Geschmackserlebnisse gibt es nur so. Aber nach Ameisenbeinen und Co ist es total super, schon vorher zu wissen, wie der Käsekuchen bei Starbucks schmecken wird. Ganz egal, ob ich gerade in Hongkong, Mumbai oder in New York bin.

Aber

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sympathischer sind trotzdem die kleinen individuellen Läden. Schon weil sie einen nicht mit all diesen Details nerven, die auf den ersten Blick liebevoll zufällig und auf den zweiten Blick wie aus dem Großhandelsbedarf aussehen. Die überall gleichen samtigen Ohrensessel z.B., die in etwa so antik wie stonewashed Jeans alt sind. Bei Gelegenheit muss ich noch mal darüber nachdenken, was das genau ist. So dass jeder sofort weiß: Es ist nicht echt, nicht individuell, nicht in Ruhe gealtert, nicht liebevoll zusammen gestellt. Sondern so … falsch.

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Fake ist bei Forno Cultura in Toronto nix. Außer vielleicht die hübschen kleinen Päckchen, die an einem schmalen weißlackierten Rohr baumeln. Wahrscheinlich sind keine Geschenke drin. Trotzdem kann ich sehen, dass sie mit der Hand eingewickelt wurden. Jemand hat sogar eigens eine Schleife aus Packpapier gebunden.

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Der Capuccino hat genau die richtige Menge cremigen Milchschaum, darin versteckt ein bitteres Herz aus Espresso. Es durftet nach frischgebackenem Brot und nach süßen Biscotti. Nicht weil hier irgendein Raumparfum im Einsatz wäre, sondern weil hinter uns Menschen Brot backen, während wir in aller Ruhe unseren Kaffee schlürfen. Daraus entsteht genau die richtige Menge aus Geschäftigkeit, Geräuschen und Ruhe.

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Was für ein Glück, dass ich zufällig einen Moment länger an der King’s Street stehen geblieben bin und dieses kleine liebevoll dekorierte Keller-Fenster entdeckt habe. Andernfalls wären wir nie und nimmer in diese kleine Bäckerei im Sous-Terrain gegangen. Wir hätten Forno Cultura einfach übersehen. Und das wäre doch sehr schade gewesen.

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