So langsam habe ich es raus wie Freizeit in Zeiten der Cholera, pardon der Corona, gut geht. Am dritten Advent-Wochenende hatten wir freitags Freunde zum Abendessen, samstags waren wir im Hamam und sonntags hatte ein Freund zum Glühgrillen, Glühwein und Bratwürsten, in seinen Garten eingeladen. Alles in allem ein Spitzen-Wochenende, wie es selten gelingt. Die richtige Mischung aus Freunde treffen, gute Gespräche, ausschlafen, entspannen von der sozialen Interaktion, und sich dann noch mal ein bisschen unter die Leute mischen. Aber lassen Sie mich ein wenig weiter vorne anfangen. Denn nach knapp zwei Jahren mit der Pandemie, einem schönen Esszimmer mit angrenzendem Wohnzimmer, habe ich ein gutes Gefühl für die beste Party im kleinen Kreis. Gelegentlich ist das hier ja ein Serviceblog. Deshalb: So geht das
Gelage im kleinen Kreis
Sechs bis acht Gäste sind optimal. Lieber wenige einladen, die dafür eine hoffentlich spannende Kombi ergeben. Ich habe gerne eine Quote: Hälfte Frauen, Hälfte Männer. Oder: Hälfte Nachbarn, Hälfte Freunde vom Sport. Oder ein paar Freunde von ganz früher, aus einem abgelegten Leben und ein paar aus aktuellen Umständen. Ich überlege mir eine Kerntruppe und lade die frühzeitig, aber nicht zu früh ein. Zwei Wochen vorher ist gut. Wenn jemand nicht kann, überlege ich, wen ich nachnominieren möchte, nach den Kriterien der ursprünglichen Einladung. Das führt manchmal dazu, dass ich Leute einlade, mit denen ich gar nicht so viel zu tun habe. Einfach weil sie gut in den Kreis passen könnten. Wenn wir kochen, dann findet der Abend eher samstags statt, damit wir freitags gemütlich Zeit zum Einkaufen haben und abends beim Podcast-hören schon mal was vorbereiten können: die Suppe, die es als Vorspeise geben soll oder den Nachtisch, diesen hier zum Beispiel. Bei sechs bis acht Leuten artet die Vorbereitung nicht allzu sehr in Stress aus. Das muss auch so, schließlich soll die Veranstaltung Spaß machen. Der Hauptgang muss ein Auflauf sein oder zumindest ein Gericht, welches es verträgt eine Weile vor sich hin zu köcheln ohne minutiös beaufsichtigt zu werden. Gebackener Reis mit Minze und Granatapfelsirup ist zum Beispiel super. Das wird besser je länger es vor sich hin suppt. Am besten um die Mittagszeit kochen, damit später bloß noch so Kür-Aufgaben wie Tisch-Decken und vielleicht ein Anfangs-Getränk zubereiten anstehen. Die letzte Stunde, bevor die Gäste kommen, möchte ich mich gepflegt langweilen. Gelegentlich habe ich mir Sorgen Gedanken gemacht, ob wir auch genug Redestoff haben würden. Einmal habe ich deswegen extra den Fragebogen, den Marcel Proust angeblich zwei Mal in seinem Leben beantwortete und den ich früher immer im Magazin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gelesen habe, diesen Fragebogen, in dem prominente, halb-prominente und gar nicht mal so bekannte Menschen mehr oder weniger geistreiche Antworten auf Fragen wie „Wer ist ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?“ oder „Welche Eigenschaften schätzen sie bei einer Frau am meisten?“ (ganz so, als sei der Charakter einer Frau grundlegend anders ausgestaltet und darum bei ihr andere Eigenschaften wünschenswert als bei einem Mann, denn die Frage nach ihm gab es natürlich auch) gaben, ausgedruckt und ein paar der Fragen in die Runde geworfen, als das Gespräch zu stocken drohte. Das hat funktioniert, es war aber auch ein Abend, an dem eine gute Freundin und ein guter Freund anwesend waren, die damals beide Single waren und ich machte mir Sorgen, ob das eine gute Idee gewesen war, die beiden einzuladen, immerhin hat es doch so etwas Offensichtliches, nicht wahr? Der Abend war dann recht unterhaltsam, niemand wurde ein Paar, aber wir alle hatten Spaß, vielleicht lag das sogar am Fragebogen. Gegensatzpaare funktionieren übrigens auch ganz gut. Also so Fragen, die mit „Würdest du eher …. oder….“ beginnen?“ „Würdest du eher einen Escort-Mann mieten oder alleine ein Baby aus Südost-Asien adoptieren?“ Oder: „Würdest du eher Fallschirmspringen versuchen oder Weinbergschnecken essen?“ Kann man natürlich auch alles lassen. Ganz oft sprudelt das Gespräch ja von alleine, besonders wenn der Wein lecker ist und das Essen so nebenher Spaß macht.
In diesem Sinne: Haben Sie ein fröhliches Silvester. Ach, noch was, sollte Ihnen zwischendurch langweilig sein, hören Sie doch mal bei Blauschwarz Berlin rein. Maria und Ludwig plaudern in ihrem Podcast über letzte Lektüren. Ich fand es überraschend unterhaltsam, vielleicht auch weil es nicht diesen neunmal-klugen Feuilletonisten-Ton hatte. Oder hören Sie mal eine der Geschichten aus der Geschichte. Die beiden Historiker Daniel und Richard erzählen sich Woche für Woche je eine Geschichte aus der Geschichte. Wer Spaß an den kleinen und großen Anekdoten (Welche Krankheiten hatte Ludwig der XIV.? Wie entwickelte sich der Wettbewerb um die meisten Geburten in Toronto?) vergangener Zeiten hat, wird hier fündig. Jetzt aber wirklich: Haben Sie es schön. 2022 wird toll. Ich bin mir sicher. So sicher, wie ich schon letztes Jahr war. (Ähem.)