Lauter und leiser. Gerade habe ich den Eindruck, dass mein Leben in letzter Zeit beides geworden ist. Es ist mehr los, ich reise durch die Welt, sehe öfter und mehr Freunde. Neuerdings pflege ich so alberne Dinge wie „Freizeit- und Sozialstress“. Bitte, die Anführungszeichen müssen sein, sonst könnte die geneigte Leserin, der Leser wahrscheinlich auch, denken, ich fände es doof, meine Freunde zu sehen, neue Menschen kennen zu lernen und tolle Freizeitsachen zu machen (rudern, Pflaumen pflücken, stylische Partys im Hafen besuchen, Pflaumen einkochen, oh, wie das duftet, lustige Familienfeste besuchen, den Lieblingsneffen kitzeln, coole Konzerte mit dem fast schon erwachsenen Patensohn besuchen, Handstand üben, dem Kind beim Reiten zuzusehen). Gestern habe ich doch glatt einen sehr netten Wochenend-Ausflug nicht zu gesagt, wegen, puuh, alles gerade ganz schön viel. Laut eben. Leiser ist es auch geworden,
weil in meiner neuen Wohnung das Internet bisher nur über Ethernet-Kabel funktioniert und ich so altmodische Sachen wie konventionelles Radio oder Fernsehen schon seit langem nicht mehr habe. In der Folge läuft bei mir kein automatisches Geräusch-Macher-Gerät mehr, nicht mehr die besten Hits der … (denken Sie sich was aus) morgens im Bad und auch kein Zufallsfernsehen. Wenn ich es recht bedenke, habe ich seit fast einem Jahr kein Fernsehen mehr geguckt. Gelegentlich Tatort, Tagesschau und Karambolage in der Mediathek oder beim Alltagsprinzen, aber auch das nur selten. Dafür habe ich wieder mehr gelesen. Zuletzt „The Third Brother“ von Nick McDonnel, das im übrigen schon viel zu lange ungelesen in meinem Bücherregal herum stand. Auch dafür ist so ein Umzug gut er lüftet nicht nur die Gewohnheiten ein wenig durch, er rückt auch alte Schätze in neues Licht. Als nächstes lese ich (in noch unbestimmter Reihenfolg): a) Dave Eggers, Your Fathers, Where Are They? And The Prophets, Do They Live Forever? b) Edward St. Aubyn, Never Mind c) Janne Teller, Nichts, d) Matthias Brandt, Raumpatrouille.
Zur weiteren Vorfreude auf die Woche blättere ich durch Fahrrad-Handzeichen und was sie wirklich bedeuten, zumindest in New York. Empfehle »80% der Menschen interessieren sich einen Scheiß für irgendwas und machen alles mit«* zu lesen. Ich denke seitdem darüber nach, ob ich nicht doch zu einer vierten Gruppe gehören kann, nicht die ersten, nicht die letzten fünf Prozent, auf gar keinen fall die uninteressierte Mitte, mehr so oberes Mittelfeld des Nachdenkens. Und lese weiter Read on my Dear, read on.
Haben Sie Freude diese Woche.
* Via Frau Nessy