Man kommt ja zu nix

Gerade scheint das Älterwerden sehr dringend zu sein. Anders kann ich mir das rasende Vorbeiflitzen der Zeit nicht erklären. Ich weiß langsam nicht mehr wie das alles so kommt. Morgens beim ersten Kaffee denke ich jedes Mal, komm, jammer‘ nicht so rum, fang doch einfach erst mal mit dem Dringendsten an, das erledigt Du schnell als erstes und dann wird das schon. Kaum habe ich den Satz zu Ende gedacht, zack, ist der Tag irgendwie auch schon wieder rum. Dabei wollte ich doch noch gerade eben …

Übers Elbjazz berichten. Darüber wie unfassbar toll Youn Sun Na in der Elbphilharmonie gesungen hat, auch wenn sie kein bisschen gebeatboxt hat. Bis in die hinterste Ecke hat ihre Stimme voll und warm durch den Raum getönt. Wenn sie ihren Jazz gesungen hat jedenfalls. Im Gegensatz dazu war ihre Sprechstimme klein und schüchtern, fast so, als traute sie sich den großen Raum und die vielen Menschen im Publikum nicht zu.

Über London posten zum Beispiel, all das bunte Leben dort, die vielen Menschen, deren Hautfarben von milchweis, hellrosa mit sommersprossigen Sprenkeln, mocca-farben, olive-getönt, bis zu fast schwarz reichen. Kein Wunder bei Vorfahren aus allen Teilen des Empires, ach was, der Welt. Genauso unterschiedlich geraten die Lebensentwürfe der Londoner. Toll, dass das alles Haustür an Haustür geht. Und das bei den seltsam verwinkelten Haustürlösungen, wo aus kleinen Stadthäusern heute meist drei bis vier Mietwohnungen herausgequetscht wurden, inklusive Souterrain und Dachgeschoss. Und jetzt mussten die Londoner genau das mit hässlichen Betonsperren schützen, die verhindern sollen, dass noch mal jemand auf einer Brücke in eine Menschenmenge rast. Nur weil ein paar Idioten nicht ertragen können, dass die anderen ihr Leben einfach leben.

Ach und von den kleinen Entdeckungen vor meiner eigenen Haustür, wollte ich ja auch noch erzählen. Wussten Sie zum Beispiel, dass in Planten und Bloomen jeden Abend ein Licht und Wasser-Konzert gespielt wird? Erst mal hört es sich vielleicht ein bisschen kitschig an, so Wasserfontänen im Sonnenuntergang und dazu Walzerklänge. Aber mit so einem Glas Rotwein, ein paar Baguette und Käse auf einer Picknickdecke stelle ich mir das schon sehr sommerlich schön vor. Außerdem spielen die Musiker, es sind nämlich Musiker, die die Fontänen und Laserstrahle steuern, in Planten und Bloomen ihre Choreographien auch zu New Sounds, Jazz oder klassischer Ballettmusik.

Es könnte allerdings sein, dass ich auch da so bald nicht zu komme. Nächstes Wochenende kommen so viele wichtige Leute zum G20-Gipfel in die Stadt, schon jetzt tauchen täglich mehr Polizisten und Menschen in der Stadt auf. Da wird es wohl auch wieder nix mit dem beschaulichen Schäferstündchen im Park. Ich gehe den Demonstrationen, dem Stau und dem erwarteten Chaos mit gezieltem Absentismus aus dem Weg.

Sie sehen, ich komme zu nix. Das aber gründlich.

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